Dienstag, 16. Dezember 2014

Ausflüge in die Dreidimensionalität. [25]

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Früher war (mal wieder) alles besser...
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Der 25. Teil der Ausflüge in die Dreidimensionalität war ein hartes Stückchen Arbeit und ja, er ist quasi auch ein kleines Geschenk an mich und auch ein virtuelles, vorweihnachtliches Präsent für die paar Gäste dieses Blogs. Wie oft zuvor habe ich ein Thema bearbeitet, das schon oft an dieser Stelle des Internets durchgekaut wurde: Star Trek! Aber statt – wie es andere leidlich pflegen – nach vorne zu denken und einen weiteren fortgeschrittenen, hypermodernen noch viel überlegenereren Raumschiffentwurf abzuliefern, richtete ich mein Augenmerk auf das Gewöhnliche, wenig Glanzvolle und von Abnutzung bzw. Fehlplanung gezeichnete.

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Warum dieser Aufwand?
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Die Star-Trek-Filme/-TV-Serien (bis auf Deep-Space-9) zeichnen immer ein Bild fast erreichter technischer Vollkommenheit und grenzenloser Abenteuer, die sogar über die Grenzen des Bekannten hinaus gehen. Da werden Komplotte aufgedeckt, bedeutsamste Entdeckungen gemacht, die ultimativen Feinde bezwungen und so weiter – von den Kohleeimerträgern und Drecksarbeitern bekommt man als Rezipient dabei nur rudimentär etwas mit. Zwar ist hier und da immer mal die Rede von irgendwelchen verschwundenen oder mit der Aufgabe überforderten Kollegen in irgendwelchen Schiffchen, aber wie es denen konkret geht, bleibt verborgen. 
#12
Was ist also mit denen, die den großen Föderationsladen zusammen halten, indem sie Patrouille fliegen mit möglicherweise schon etwas veralteten und abgewetzten Vehikeln? Wer sind die namenlosen Muschkoten, die zum Beispiel so etwas wie Polizei-Aufgaben übernehmen, für die die "Premium-Einheiten" der Sternenflotte zu schade oder zu groß sind? Wer tut jahrelang Dienst im trostlosesten und langweiligsten Winkel der schönen Föderation und sorgt dort für Recht, Ordnung und sicheren Raumflugverkehr? Und wer greift mal ein oder räumt mal auf, wenn versprengte Reste marodierender Breen oder das Orion-Syndikat (die kriminellen Stiefkinder von Beate Uhse sind hier nicht gemeint) den einen oder anderen Raumsektor verwüsten und plündern? Die Enterprise hat zu tun – wie so oft, als einziges Schiff – da müssen eben andere ran und können scheitern, müssen zurückstecken, kriegen auch mal ordentlich eins in die Fresse oder gehen dabei drauf. 
Und ja, mich würde es freuen mal eine Art Krimi-Thriller-Cops-in-Space-Oper in vielen Akten auf der Mattscheibe (und nicht im Kino) zu sehen, die mal zeigt, wie der eher durchschnittliche Sternenflotten-Grad seine Pflichten verrichtet. Und das gern auch mit Abgründigkeiten und ernstgemeinten Charakterskizzen und nicht so eine 3D-Comic-Scheiße wie im letzten, unsäglich unnötigen Star-Trek-Film. 

Nutzen Sie bitte Ihre Fantasiebegabung!?
Zwar geize ich auch in diesem Beitrag nicht mit sorgfältig die Unwegbarkeiten der SketchUp-Programm-Defizite beim "Rendering" umschiffenden Farbbildern, die das entworfene Vehikel in ganzer Pracht zeigen sollen, doch ergänze ich diese modernen Ansichten, die in ihrer inflationären Flut das Netz überschwemmen und so die Sehgewohnheiten aufweichen, durch die klassische, technische Zeichnung – oder das, was ich dafür halten würde. 
Technische Zeichnungen haben ihren eigenen Charme – soviel steht fest. Es gab eine Zeit, da setzte sich der Kreativling mit Fantasie an den Schreibtisch und griff zu Papier, Lineal, Zirkel und Stift und brachte seine Idee auf dem Papier zum Fliegen. Das legte den Grundstein für eine ausgeprägte Fan-Kultur und hielt Star-Trek – neben anderen kultischen Riten – am Leben. Mittlerweile ist die Kunstform der von Hand erstellten Science-Fiction-Blaupause fast ausgestorben, da moderne 3D-Programme auch die Möglichkeit bieten die entsprechende Kreation platt und schematisch auszugeben. Nun will ich an dieser Stelle der Wahrheit genüge tun und gebe zu, daß auch ich diese Option wählte. Aber: während der Nachbearbeitung via Illustrator und Photoshop habe ich zumindest den Stil von Handarbeit erfolgreich imitieren können. Ganz davon mal abgesehen: ganz oldschoolig basiert der hier präsentierte Entwurf auf einer fetzigen Handskizze im Skizzenbuch. Für Interessenten alter und neuer Blaupausen und Strichzeichnungen zum Thema Star Trek empfehle ich die Seite Cygnus-X1 – eine Fundgrube für jeden Freund raumfliegender Konstrukte.

Ein alter, hässlicher Eimer.
Muss es immer das Beste sein? Warum nicht mal die zweite Wahl? Vor diesen Fragen erstellte ich meinen Entwurf. Die Gestaltung der Mercenary-Klasse ist nicht Ausdruck des Fortschritts, sondern Inbegriff von Stagnation, Improvisation und dennoch gut kompensierter Fehlplanung. Die hier exemplarisch in technischer Zeichnung der Bauzustände durchexerzierte U.S.S. Gryphon ist nicht glänzende Garde, sondern graues Fußvolk – nicht Speerspitze der Forschung sondern nur Fußnote. 
Kein Platz im Museum wird für ein solches Arbeitsgerät reserviert sein, höchstens ein Liegeplatz im Reservedepot kurz vor dem Abwracken. Es ist das Gewöhnliche, das mich reizte, das notdürftig durch fleißige Ingenieurshand zusammengehaltene Konstrukt, das bis zum Schluss seinen Dienst tat, immer vibrierte und subtil klapperte und am Ende – nach erfüllter Pflicht – der Verschrottung zugeführt wurde.

Wo ist nur die Zeit geblieben?

Eines der großen Geheimnisse bei Star Trek ist die sogenannte "Lost Era" nach den Kinofilmen mit der alten Crew und der Zukunft in ST:TNG. Da fehlen etwa 70 Jahre und Ereignisse aus dieser Ära werden entweder nur erwähnt oder am Rande gestreift. An dieser Stelle zeigt dann die Zeit, daß sie nicht nur ein brennendes, alles verschlingendes Feuer sein kann, sondern auch eine von Demenz gebeutelte Oma. Und wenn man es genau betrachtet, ist es meiner Meinung nach auch mehr als nur eine verlorene Epoche: denn es gibt mehrere, längere Zeitabschnitte, die wenig oder gar nicht beleuchtet wurden (Siehe Zeitstrahl-Grafik).
Doch zurück zur "Lost Era": zeitlich verortet in den Jahren von ca. 2295 bis etwa 2363 ist dieser Abschnitt fiktiver Geschichtsschreibung nur oberflächlich und in sich teilweise widersprechenden Informationen dokumentiert. Es existieren zwar diverse Non-Canon-Romane, die sich damit beschäftigen, doch als wirklich erhellend kann man diese nicht bezeichnen, da laut EAS-Guru B.Schneider (und seiner Meinung schließ ich mich an) nur das wahr ist, was über Mattscheibe und Leinwand publiziert wurde. Alles andere ist nur Fiktion innerhalb der Fiktion – klingt für den Außenstehenden reichlich absurd, aber so ist das mit den Geeks und Nerds nun mal. 
Und wenn wir jetzt schon mit dem Erbsenzählerei begonnen haben, kann auch angemerkt werden, daß zumindest einmal die deutsche Synchronisation richtig lag, als sie "The next Generation" mit "Das nächste Jahrhundert" zwar falsch übersetzte, aber doch ins Korrekte verkehrte. Es war ein neues Jahrhundert – aber nicht die nächste Generation. 
Höchsten die überübernächste...  

Zeit: tröpfelnd, fließend, rasend, vergehend...
Diese verlorene Ära wird geprägt gewesen sein – so nahm ich es in köstlichem Futur-2 wahr – von Stagnation und schwelenden Konflikten. Die Föderation wird eine Art On-Off-Beziehung mit den Klingonen geführt haben; die Romulaner als miesepetrige Erzschurken werden sich vorübergehend aus dem intriganten Tagesgeschäft zurückgezogen und neue Bösewichte werden die Bühne betreten haben: Cardassianer, die ominösen Tzenkethi etc. Bei der Sternenflotte werden die alten Uniformen weiter aufgetragen, die Schiffe bis zur Schrottreife geflogen und auch sonst wird wenig Spektakuläres passiert sein... Grammatikalische Zeitformen sind vielleicht vereinfacht worden – aber sonst richtete man sich wohl ein und es wird mehr oder weniger ruhig geblieben sein. Wenn das mal nicht eine Grundlage für unterhaltsame Geschichten für die Flimmerkiste wäre, weiß ich auch nicht...?!

Und das für die Fantasieunbegabten...
Die wirklich frohe Botschaft.
Warum all der fiktive Terz um eine erfundene Welt? Ganz einfach: Star Trek vermittelt – und das muss man immer wieder mal erwähnen – ein hoffnungsvolles Weltbild. Gerade im Angesicht aktueller Ereignisse in Deutschland (die Stichworte lauten hier "PEGIDA-Arschkrampen", "grassierender Rassismus", "brennende Flüchtlingsheime" etc.) tut es auch für mich als Atheisten in der Vorweihnachtszeit gut, eine futuristische Welt aufgezeigt zu bekommen, in der die leider allzu menschlichen Konflikte und Niederträchtigkeiten überwunden sein könnten. Eine Zukunft in der niemand für seine Herkunft, Hautfarbe und Situation diskriminiert, angefeindet und ausgeschlossen wird. Ausbeutung, Religion und andere Auswüchse sind beseitigt und ja, ich versteige mich gern in die möglicherweise irrige Annahme, daß die Zustände auf der Star-Trek-Erde einer Art kommunistischen Gesellschaftsentwurf ähneln, da dort das Goldene Lamm der Besitzstandswahrung und Bereicherung nicht mehr angebetet wird.
In diesem bedächtigen Sinne, schließe ich diesen Beitrag und freue mich auf das nächste Jahr mit neuen Ausflügen in die Dreidimensionalität!

...bis der Morgen graut.
Neu im Sortiment: Der Röntgenblick!

Löcher im Sternenhintergrund.
Flieg nicht zu tief Schatz!
Rückwärts in die Lücke – auch ohne Einparkhilfe!
(D.P.)



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