Freitag, 22. März 2013

Entstehung eines Bildes.

Aktbild in Pastell und Kohle.

Ein privater Auftrag über die Zeichnung eines Aktes ließ mich endlich wieder der "handwerklichen Kunst mit dem Stifte" frönen. Es war leider schon viel zu lange her als ich das letzte mal "analog" kreativ tätig war. Man sitzt viel zu lange und zu oft vor digitaler Medien, wie Computer, Laptop, PC, Smartphone, Netbook oder Tablet und verliert daher sehr schnell, wie inspirierend und aufregend die Realität und das eigene Schaffen sein kann. 
Und da die Entstehung jedes Bildes, sei es in Bleistift, Kohle, Pastell, Öl, Aquarell oder anderer Technik, immer ein interessanter und spannender Prozess ist, habe ich mir die Mühe gemacht, alle wichtigen Schritte der Entstehung meines "Akt-Projektes" im Februar zu dokumentieren und im Folgenden zu erläutern, was ich warum und wie getan habe. Denn falls du dich als Blog-Leser ebenfalls solch ein Projekt widmen möchtest, könnte diese kleine Do-it-yourself-Anleitung möglicherweise weiterhelfen oder zumindest inspirieren.

Erste Schritte.
Als erstes muss natürlich das Motiv ausgewählt werden und da mein "Auftraggeber" mir bei der Wahl freie Hand ließ, hatte ich auch schon eine Idee und konnte mich schnell entscheiden.
Da mir persönlich die 20er Jahre und Jugendstil mit dessen interessanter und spannender Architektur, Kunst und Mode sehr gefallen, habe ich mich auch für eine Vorlage aus dieser Zeit entschieden. Speziell die Inszenierungen und Aufnahmen der sogenannten "Ziegfeld Girls", amerikanische Broadway-Showgirls der "Ziegfeld Follies"-Jahresrevue (1907 – 1957) vom New Yorker Fotografen Alfred Cheney Johnston, welche trotz viel nackter Haut einen außergewöhnlich ästhetischen Charme ausstrahlen, haben es mir angetan.
Aus dem reichen Fundus dieser alten Aufnahmen habe ich mich für eine im Jahre 1925 entstandene Fotografie der Aktrice Alice Wilkie entschieden, die nicht zu überladen ist und durch diese schlichte Ästhetik einfach wunderschön anzusehen ist. 


Abb. 1: Vorlage Originalbild – Alice Wilkie, Ziegfeld Girl, 1925 by Alfred Cheney Johnston.




Nun konnte die Umsetzung beginnen!
Dies bedeutet, daß Zeichentechnik, -untergrund und -materialien sowie letztendlich das Format des Bildes ausgewählt werden müssen.
Auch wurde schnell das passende Papier aus meinem Bestand gefunden: ein grün-braun getöntes Ingres-Papier, oder auch Büttenpapier genannt. War nicht so einfach bei dem vielen Blöcke und Bögen an Papierarten, was sich bei mir über die Jahre angesammelt hatte...

Abb. 2: Papierfundus.



Die Technik hatte ich bereits vor der Motivwahl festgelegt: Pastell und Kohle. Diese Technik hat mir schon immer gut gefallen, da man viel mit Farben und Helligkeiten spielen und experimentieren kann, und die dazugehörigen Utensilien hatte ich ebenfalls zur Hand: Pastell-, Kohle- und Rötelstifte in jeglichen Farben und Formen, kleine spezielle Malhilfen, Radierer bzw. Radiergummi, um lästige Radierreste zu verhindern.

Abb. 3: Motiv und Stifte.




Ich habe mich für das Format 40 x 50 cm entschieden, damit das fertige Bild inkl. Rahmen sehr gut zur Geltung kommen kann. Damit die Vorlage 1:1 auf das ausgewählte Format übertragen werden kann, habe ich ein Raster über den Ausdruck der Vorlage angelegt, welches proportional dem größeren Endformat angepasst wird, zu Hilfe gezogen. Auch war ich so frei und habe zusätzlich kleine Änderungen und Optimierungen am Motiv vorgenommen, damit es einen individuelleren Touch bekommt.

Abb. 4: Raster.

Nun kann der Pastellstift gezückt werden!
Zuerst werden Hintergrund und "nebensächliche" Gegenstände und Bildelemente gezeichnet, so kann man sich anschließend auf das Hauptmotiv konzentrieren. Ein kleiner Tipp: Damit die einzelnen Bildelemente nicht zu trostlos erscheinen, kann man mit der Farb-Zusammenstellung ruhig etwas mutig werden und wie in meinem Falle, statt nur rötliche Pastelle zu nutzen, auch farbverwandte Töne wie Gelb und Grün einsetzen und vermischen, so wirkt alles etwas spannender. Um Stellen abzudunkeln sollte auf keinen Fall Schwarz genutzt werden, dadurch erscheint alles dann farblos und grau. Beim Abdunkeln sollte immer die Komplementärfarbe oder auch Gegenfarbe, d.h. die gegenüberliegende Farbe im Farbkreis, hier kann man sich z.B. den Farbkreis von Johannes Itten zu Hilfe ziehen, der bisher genutzten Farbe verwendet werden, bei Rot wäre es z.B. Grün.

Abb. 5: Hintergrund.


Der Hintergrund ist soweit fertiggestellt, nun wurde die Sitzgelegenheit und Accessoires, wie Decken, Kissen und Federboa, gezeichnet werden. Hier galt, die hellen Partien zuerst und dann mit dunklerer Farbe oder Gegenfarbe Schatten und Falten. Um verschiedene Oberflächenstrukturen wiedergeben zu können, kann z.B. ein Papier-Wischer verwendet werden. So habe ich u.a. die seidige Optik der Tücher und auch die Haut der Dame erzeugen können, welche nach Fertigstellung der umliegenden Elemente begonnen werden konnte.

Abb. 6: Faltenwurf und Tücherdrappage.


Da die Oberfläche des Ingrepapieres für Feinheiten und Details doch recht grob ist, kam der Papier-Wischer sehr häufig zum Einsatz, so auch für die Umsetzung der Frau und ihrer seidenen Haut. Um Verwischungen oder Verschmutzungen der fertigen Flächen zu vermeiden, habe ich immer ein paar Blätter Papier unter meiner Zeichenhand- und -arm gelegt – so konnte ich mühelos in Bildmitte liegende Elemente zeichnen und nichts wurde unabsichtlich verschmiert.

Abb. 7: Fast fertig – auf die Zielgerade eingebogen!


Als letzten Zeichenschritt wurde die lange Kette, die ich dem Motiv als unterstützendes Accessoire hinzugefügt hatte, umgesetzt. Da diese quasi auf der Haut liegt, wird sie auch mit hellen Farben darauf gesetzt, damit sie noch plastischer wirkt. Auch wurden helle Stellen in Nacharbeit nachgezeichnet und weiter betont, um alles noch brillanter erscheinen zu lassen. 

Abb. 8: Fertig!

Als Einrahmung habe ich mich für einen relativ schlichten dunkelbraunen Holzrahmen mit einem Passepartout entschieden, welches die Wirkung des Bildes positiv verstärkt.
Um möglicherweise später auftretende Verwischungen und Verschmutzungen zu vermeiden, habe ich das fertige Bild und dessen Farben fixiert. Dies kann man mit speziellem Firnis oder Fixativ-Spray tun. Aber auch mit herkömmlichen handelsüblichen, nicht allzu starkem, Haarspray ist dies möglich – was ich in meinem Fall genutzt habe.

Nun kann eingerahmt und an den Auftraggeber übergeben werden!

Kreative Grüße! (S.V.)

Abb. 9: Gerahmt und bereit zur Auslieferung!

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