Montag, 1. August 2016

Überdruckventilation. [7]

A) „Geht nicht“ gibts.
Bretterwerk.
Euro-Paletten sind etwas feines. Sie dienen in ihrer standardisierten einheitlichen Formgebung nicht nur der beweglichen und dennoch stabilen Lagerung von Sackigem, Kistigen etc. in Industrie und Handel, sondern können auch herrlich zweckentfremdet werden, wenn es zum Beispiel darum geht, improvisierte Sitz- und Liegegelegenheiten zu schaffen. Nun passt es nicht immer so, wie es sich beim Hobbyheimwerker im Hirn darstellt, aber was nicht passt, wird irgendwie passend gemacht – altes Handwerkersprichwort. Nun würde der unbedarfte Laienbastler, der zumindest den Unterschied zwischen Kreuz- und Schlitzschraubenzieher kennt und einen Nagel in was auch immer einhämmern kann, ohne sich den Daumen komplett zu zermalmen, im Baumarkt den schier überwältigenden Fuhrpark hallengroßer Handwerksgerätschaften in Anspruch nehmen, wenn es darum geht, an einer soeben erworbenen Euro-Palette ein paar zurechtweisende Sägeschnitte vornehmen zu lassen, wenn man doch schonmal vor Ort ist. Aber: Nichts da. Der muskelbepackte, braungebrannte und auch auf den zweiten Blick eher niederschwellig zerebral ausgestattete Handwerksadonis am Baumarkttresen ist nur in der Lage, die gewünschte Europalette auszuhändigen – mehr nicht. Sägen? Womöglich mit einer der vielen unterm Baumarktdach sichtbaren Kreis-, Tisch-, Laub- und Schwertfischsägen zum Zersägen der im Angebot befindlichen Baumaterialien? Unmöglich! Nicht machbar! Vielleicht in einem anderen Universum! Und auch dann dort nur, wenn die Sonne in einem bestimmten Winkel scheint. 
Auf eine höflich vorgetragene Nachfrage, warum nicht gesägt werden könnte, wird ein dümmliches „das tut nicht funktionieren“ in Kombination mit Expertise heuchelndem Fachkauderwelsch entgegen gerotzt. Aha. Verstanden. Geht einfach nicht. Selbst die auf gut Glück vorgezeigte grobe Skizze mit fein säuberlich eingezeichneten, idiotensicher dargestellten Sägeschnittanzeigen – fernab von verborgenen Nägeln, Schrauben oder anderen Sägeblattzerstörern – vermag den hohlen Hornbach-Hühnen nicht erweichen. Die an Echolalie gemahnende, ständig wiederholte Aussage „Wir können das nicht sägen…wir können das nicht sägen…wir können das nicht sägen…“ verweht zwischen Ratlosigkeit auf seiten des Kunden und dem urplötzlichen Einsetzen eines hintergründigen aber gut hörbaren Sägegeräuschs. „Danke für Ihre Mühen!“ Freundlichkeit, Dienstleistungsgedanke, Einfallsreichtum und Improvisationsgabe sind nur woanders zu finden – nicht bei Hornbach, nicht in Leipzig.

NACHTRAG: 

Mittels einer rostig-rattenschwanzigen Fuchsschwanzsäge gelang die planmäßige Zerteilung wie gewünscht durch den ehemaligen Baumarktkunden, nachdem selbiger geschätzt 5 Liter Schweiß vergoß und sich diverse Splitter in die Künstlerhände einzog. Passt, wackelt und hat Luft…

B) Pfusch am Bau – oder: „Na da ham Sie was dran gemacht, oder was…?!“

Trapped under Blech.
Unwetter sind nicht schön. Schwere Unwetter ängstigen. Ganz schwere Unwetter  sind unterm Strich einfach nur richtig scheiße. Von Sturmböen biblischen Ausmaßes abgerissene Baumkronen und Fassadentrümmer liegen auf den überschwemmten Straßen herum, Menschen irren umher und versuchen ihre knöcheltief im Wasser stehenden Autos auf höhere Postionen zu bugsieren und die Gullideckel strudeln verstopft abgewürgte Gurgelgeräusche in die gespenstische, fast schon postapokalyptische Szenerie. Tatü Tata im Hintergrund. Dazu scheint wieder die Sonne…
Immerhin: Alles leiblich gut überstanden – nur ein paar Nerven gelassen und wie so oft im Sommer kräftig geschwitzt – diesmal vor Angst. Außerdem ist die Gewissheit mit verendet, daß es keine Schwächen an der bewohnten Bausubstanz gibt. Wasser auf den Fensterbrettern (innen), klappernde Kabelleitungen in den Zwischendecken, sporadische Störungen im Internet-Empfang und ein Balkon-Abfluss, der nach homöopathisch-idiotischen Gesichtspunkten verbaut wurde. Zum einen fließt kaum etwas ab. Zum anderen lässt sich der glänzende Siebdeckel nicht wie gedacht abnehmen, um eingespültes Laubwerk und angesammelten Schnodder zu entfernen und die Abflussmenge so irgendwie zu erhöhen. Aber das vermaledeite Scheißding sitzt nicht nur fest, es ist atomschlagssicher mittels Silikonfugenkit eingepasst worden. Wer hat denn so einen Murks verbrochen? Und da kommen sie. Da kommen die Erinnerungen an die Oberfläche gespült von lebendmumifizierten Fliesenlegern und grenzdebil wirkenden Bausachverständigen, die mit schnapsatmiger Expertise nach einem schmutzbeschuhten Gang durch alle Mieträume lamentierten, daß immer richtig gelüftet werden müsste um Schimmelbildung vorzubeugen („Ach was?“), daß die Balkonbrüstung in dieser Form viel zu niedrig sei und man da auch willkürlich ein Betreten untersagen könnte, solange da nicht eine Erhöhung drangepfuscht sei („Oh, interessant?!“), daß der Balkon-Ablauf gegen den Mieter und etwaige Öffnungs- und Reinigungsabsichten gesichert werden muss, damit der da nicht auf dumme Gedanken kommt, sollte mal nach einem ganz schweren Unwetter Regen- und Hagelwasser auf dem Balkon stehen… 

HINWEIS: 

Aufgrund von Sickerwasseransammlungen und Staunässe in den Balkonzwischenböden und -decken ist vermehrt mit Schwamm- und Tierbefall zu rechnen. Die tragenden Elemente sind gegebenenfalls auszutauschen oder zu impregnieren.


C) „Sch’arbeide bei BeMWee am Bannd mei Guuder…“

Gefährliche Brandung.
Ich lobe mir die Schladitzer Bucht. Man muss etwas weiter raus nach Norden gurken, einen kleinen Obulus zahlen, ist aber letztlich sicher, daß der Strand sauber, ordentlich und frei von schwer alkoholisierten Gesindel und rabaukiger Mischpoke ist. Schön.
Fährt man zur Abwechslung dagegen an den Cospudener See, wo zeitgleich noch ein Elektro-Techno-House-Zappel-Festival stattfindet, erlebt man das Gegenteil von Idylle. Distanzgemindertes Jungvolk, soziopathische Mitzwanziger und schwerstalkoholisiertes BMW-Fließbandmenschenmaterial mit schlecht tätowierten aber zeigefreudigen Lebensabschnittsgefährtinnen und dazugehörigem schwarzen Riesenhund.
Der schwarze Riesenhund (irgendein Doggenverschnitt dänisch-deutscher Provinienz) wies noch das Mindestmaß an Erziehung und Würde auf. Die Halter dagegen waren fern jegliches zivilisatorischen Auftretens. Die vom Beschäler der wider aller Eigenbemühungen durch und durch ordinär wirkenden Trulla mitgeführte, schon fast leere Flasche Hochprozentigen wurde einfach in den kieseligen Strand entsorgt, die nächste Flasche in die Hand genommen und wirres Zeug zu dem dritten Deppen im party-pöbeligen Bunde gelallt. Mit schätzungsweise 2,5 Promille im Trichter wurde sich vorschulgleich protzig über die Vorzüge von Fließbandarbeit bei BMW, das asoziale Belegen von zwei Parkplätzen mit einem Auto (Zitat: „Sch’muss doch off’mein Lack’fpassen…swar teua genuuch…vasteehsde mei Freund?“) und die eigene Mannhaftigkeit, definiert durch Hubraum, Breitreifen und Pferdestärkenzahl…ähm…nennen wir es „unterhalten“.

EXKURS (1): 

Ein gezielter Schlag mit einem stumpfen Gegenstand (z.B. Steinbrocken 15x15x15cm, Gewicht ca. 2–3 Kg) auf einen menschlichen Schädel kann zu schwersten bis tödlichen Verletzungen an der getroffenen Kopfhaut, Schädelknochen und angrenzendem Gehirn (sofern vorhanden) führen. (…)

Irgendwann war der eine besoffene Depp wegen Nachschubmangel im Getränkebereich endlich weg und verabschiedete sich mit einem „Noch woanaass Baaadüüü machöööön!“ – und der mittlerweile beträchtlich wankende BMW-Fließband-Idiot und seine mies verzierte Beischlafgenossin gingen baden. Sie hysterisch hüpfend im Bikini. Er rattenstraff mit Bier in der Hand und verunsichert ob der genital schrumpfwirksamen Kühle des dargebotenen Nasses. Der schwarze Riesenhund schaute zu. Brav.

EXKURS (2): 

In betrunkenem Zustand erhöht sich das Risiko schmerzhafter Krämpfe und anderer lebensbedrohlicher Nebenerscheinungen beim Schwimmen in Freigewässern erheblich. Der so Beeinträchtigte ist auch hinsichtlich der Überschätzung der eignen Kräfte letztendlich nicht mehr in der Lage seine Bewegungen und Handlungen zu koordinieren und stellt für sich und alle anderen eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar.

Wie verhält man sich eigentlich als Zuschauer, wenn die Natur spontan beschließt, ordnend in die Menschheitsevolution einzugreifen und dem objektiven Leiden eines BMW-Fließband-Idioten ein nasses, aber alkoholisertes Ende setzt? Einfach zuschauen und die darwinsche Auslese-Show genießen? Oder helfen und hoffen, daß dem Nachwuchs-Leberzirrhoten der Blitz der Erkenntnis und Einsicht treffen möge? Versündigt man sich an der Evolution oder am immernoch vorhanden Mitgefühl? Schwere Entscheidungen.  Aber es ist ja nichts passiert, der Hochpromillige und seine alerte Madame entstiegen dem See und begannen ihr unabgegrenztes Nerven von vorn…

(D.P.)

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